Sex sells – but who’s buying? Droht Beate Uhse das Schicksal von Condomi?

Im Jahr 1999 herrschte unter deutschen Anlegern Goldgräberstimmung. Unternehmen aus dem Internet-Sektor drängten an die Börse und ihre Anteile vervielfachten sich häufig bereits nach wenigen Tagen. In diesem Jahr wollten es auch zwei Vertreter aus einer vermeintlich krisensicheren Branche wissen: Beate Uhse und Condomi wagten sich mit ihrer Idee, Erotikartikel in Ladengeschäften oder im Versandhandel zu verkaufen, aufs Parkett. Fast ein Jahrzehnt ist seitdem vergangen und Aktionäre der ersten Stunde können mittlerweile eine wahre Leidensgeschichte erzählen. Die Aktie von Condomi ist derzeit sogar vom Handel ausgesetzt – das Unternehmen steht vor dem Konkurs.

Bereits im Jahr 2003 wurde ein Großteil der Geschäftstätigkeit von Condomi in eine polnische Tochtergesellschaft ausgelagert. Aktionäre fühlten sich zu Recht betrogen – schließlich wurde ihrem Unternehmen damit die Geschäftsgrundlage entzogen. Die einstigen Höchstkurse um dreißig Euro gehören ebenfalls der Vergangenheit an. Der letzte für Condomi festgestellte Kurs liegt bei 0,56 Euro. Zuweilen kursierende Gerüchte über dubiose Wiederbelebungsversuche passen nur zu gut ins chaotische Bild des einstigen Kondomverkäufers. Auch bei Beate Uhse ist vom Glanz früherer Tage nur noch wenig übrig geblieben.

Von Höchstkursen um 25 Euro kurz nach dem Börsengang ist die Gesellschaft mittlerweile weit entfernt. Weniger als fünf Euro ist der Anteilsschein der Beate Uhse AG heute noch wert. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben der größte Anbieter von Erotikartikeln und mit Niederlassungen in zwölf Ländern auf rund sechzig Märkten tätig. Dabei setzt Beate Uhse sowohl auf den Einzelhandel als auch auf den Versand von Erotik-Produkten. In den letzten Wochen gab es vermehrt Meldungen über eine Restrukturierung des Unternehmens.

Beate Uhse wolle das „Schmuddelimage loswerden“ und „Raus aus den Bahnhofsvierteln und rein in die Innenstadt“. Diese strategische Neuausrichtung soll laut Unternehmensführung dafür sorgen, dass insbesondere ältere Menschen wieder verstärkt auf die Produkte von Beate Uhse zurückgreifen und Dessous, Parfüms oder Sex-Spielzeuge kaufen. Langfristig soll Beate Uhse zur „Life-Style-Marke“ werden und mehr Frauen in die Geschäfte locken.

Die geplante Restrukturierung wird zwar allenthalben als notwendiger Schritt in die richtige Richtung gelobt, doch ist ein Erfolg keineswegs sicher. Selbstverständlich liegt es nahe, neue Käuferschichten erschließen zu wollen, doch wirkt gerade die Metamorphose vom „Sex-Shop-Betreiber“ zum „Life-Style-Anbieter“ wie eine Gratwanderung. Ob sich von dem neuen Image viele ältere Menschen, die noch nie ein Beate-Uhse-Ladengeschäft von innen gesehen haben, werden überzeugen lassen, künftig Sex-Spielzeug zu kaufen, darf bezweifelt werden. Zudem erwarten Analysten, dass mit der Neuausrichtung des Unternehmens hohe Kosten verbunden sein werden, die dafür sorgen sollen, dass das Jahresergebnis von 2006 frühestens im Jahr 2009 wieder übertroffen werden kann.

Auch der verhältnismäßig hohe Anteil an Verbindlichkeiten macht Aktionäre zunehmend stutzig. Das in Bedrängnis geratene Unternehmen greift mit der jüngst beschlossenen Restrukturierung nach einem Strohhalm. Marktbeobachter sehen in der Beate-Uhse-Aktie aktuell allerdings dennoch mehr Risiken als Chancen. Der langfristige Kursverlauf des Papiers weist bereits dramatische Parallelen zu Condomi auf. Bleibt zu hoffen, dass es Beate Uhse gelingt, neue Käuferschichten anzusprechen und das Ruder herumzureißen – damit der Börse zumindest ein Unternehmen aus der Erotik-Branche erhalten bleibt.

5 Gedanken zu „Sex sells – but who’s buying? Droht Beate Uhse das Schicksal von Condomi?

  1. M.Bittrich

    Bereits seit Verbreitung des WWW in den 90ern – das nur einen wirklichen Motor hatte: Schmuddelchen – war der Untergang dieser „Ehehygieneartikel“-Vertreiber perfekt.
    Im Jahre 2004 hatte Uhse sechs Monate lang mit Condomi verhandelt und dann abgebrochen: Ihr erschienen die damals schon existierenden Überbrückungskredite eines Bankenpools als nicht ausreichend. Der wie üblich größenwahnsinnige Condomi-Vorstand verhob sich schon vor 2004 nicht nur bei Expansionen, sondern setzte auch mehrere Beteiligungen im Mediengeschäft in den Sand. So etwas war schon immer ein Fall für den Insolvenzverwalter, denn das operative Geschäft kann solche Fehler nicht mehr ausbügeln. Die polnische Tochter Unimil platzierte nur mit Mühe 2 Mio Aktien, um C. zu sanieren und verleibte sich die hochmoderne Fabrik in Erfurt ein, aber alles erfolglos. Warum? Ich sehe in dieser Branche überhaupt keine Steigerungspotentiale, Kondome sind keine Tamagotchis und kein Hybridantrieb, sondern bleiben auf konstantem Verbrauchsniveau.
    Allerdings versuchen seit einem Monat zwei „Schnäppchenjäger“-Unternehmen aus Düsseldorf und Berlin (eine 1-Mann-Firma eines 28jährigen…), den Aktionären ihre momentan wertlosen Papiere für 10 Cent abzukaufen; ob das Abzocke oder ein nettes Angebot hinsichtlich eines Totalverlusts ist, sei dahingestellt. Durch einen Besitz von 5% der Aktien können diese eine außerordentliche Vollversammlung erzwingen. Ob aber der untergetauchte Vorstandsv. zu diesem Event erscheinen wird und ob das Finanzamt mit seinem Insolvenzantrag gg Condomi etwas erreicht? …

    Beate Uhse erhält für die erheblichen Wasserschäden im niederländischen Zentrallager zum Weihnachtsgeschäft 2006 Versicherungsleistungen, aus dieser Richtung kann also kein wirkliches Minus entstehen. Angesichts der Auswüchse im WWW glaube ich aber kaum, dass die Ausrichtung „Der Konsument von morgen will Sex mit Stil und Genuss“ Aussicht auf Erfolg hat.

    Fazit: Vorerst sind nur Kosten zu erwarten, dazu eine unpassende Marketingstrategie an die „Prostatageneration“.
    Spekulanten könnten aber einen Zock wagen auf die Neuordnung des Aktionärskreises und dessen Impulse ab Mai 2007!

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  2. Nico Popp

    @Debusmann:

    Für solche Fälle lasse ich Ihnen gerne eine Bankverbindung zukommen. Danke im voraus!

    @M.Bittrich:

    Die Aussage, dass diese Güter auf einem konstanten Verbauchsniveau bleiben, bringt die Sache gut auf den Punkt. Deswegen möchte Beate Uhse wohl auch auf Life-Style Produkte umschwenken und verstärkt den Spagat hin zu Pflegeprodukten schlagen. Ob dies mit der Marke „Beate Uhse“ jedoch gelingen wird, glaube ich nicht. Ich will nicht ausschließen, dass man Körperpflege- und Erotikartikel gemeinsam verkaufen kann, doch ist es wie oben geschrieben einfach eine Gratwanderung. Eine unverbrauchte Marke hat hier möglicherweise höhere Aussichten auf Erfolg.

    Ob der Turnaround gelingt, wird man bei Beate Uhse erst in einiger Zeit sehen. Ohne kleinste Hinweise auf eine erfolgreiche Restrukturierung lohnt sich in meinen Augen auch kein spekulatives Investment. Ich gehe davon aus, dass die Aktie noch billiger wird.

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  3. Pingback: 142 Lupus Alpha - Panik pur: platzende Condomi

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