Sind Weblogs rechtlich gezwungen, tagesaktuell alle Artikel früherer Jahre zu überprüfen, ob seinerzeit korrekt dargestellte Inhalte sich zwischenzeitlich verändert haben?
Eine diesbezügliche Klage des einschlägig bekannten „Finanzberaters“ Markus Frick vor dem Landgericht Hamburg gegen Aktien-Blog ist geeignet, eine Vielzahl der heute vorhandenen Internet-Blogs durch den dadurch erforderlichen Arbeitsaufwand völlig zu überlasten, beziehungsweise deren Verantwortliche in den Ruin zu treiben.
Allein die Kosten der Abmahnung, mit welcher Markus Frick die Verantwortlichen von Aktien-Blog aufforderte, einen Internet-Artikel aus dem Jahre 2008 zu verändern (dessen Inhalte heute angeblich so nicht mehr den Tatsachen entsprechen), könnte viele Blogger abschrecken, sich weiterhin zu engagieren.
Müssen Blogs Jahre alte Artikel täglich auf ihre Richtigkeit überprüfen?
Jedes Online-Medium wäre vor unlösbare Probleme gestellt, sollte sich das Landgericht Hamburg dieser Rechtsauffassung anschließen! Aktien-Blog veröffentlichte allein in den vergangenen drei Jahren über 2000 Artikel, die immer durch eindeutige Datumsangaben ihren Entstehungszeitpunkt benennen. Trotz dieser klaren Einordnung jedes Artikels in seinen zeitlichen Rahmen war es Markus Frick möglich, eine einstweilige Verfügung gegen Aktien-Blog zu erwirken und der prompte Widerspruch von Aktien-Blog wurde erstinstanzlich bedauerlicherweise abgelehnt.
Überdies beruht die inhaltliche Kritik auf einer nicht öffentlich bekannt gewordenen Absprache von Frick, was erst recht die Frage aufwirft, welcher detektivische Aufwand Webseitenbetreibern hier zugemutet werden soll. Derzeit bleibt für eine lebendige Demokratie nur zu hoffen, dass das Landgericht Hamburg seine geradezu historische Verantwortung im Hauptsacheverfahren wahrnimmt und bei intensiverer Beschäftigung mit der Sachlage dessen Auswirkungen für die Meinungsfreiheit bedenkt, ohne sich für die fragwürdigen Interessen von Markus Frick missbrauchen zu lassen.
„Eine Frage der freien Meinungsäußerung, die jeden angeht“
Klar gesagt: gegen den Hinweis auf eine mittlerweile überholte oder sachlich nicht mehr angemessene frühere Darstellung mit dem Wunsch der Abänderung ist wenig einzuwenden! Aber durch Abmahnungen eine permanente Aktualisierung aller vergangenen Inhalte zu erzwingen, würde jedem Blogger erhebliche finanzielle Risiken aufbürden und jede Freiheit im Internet ersticken! Die freie Meinungsbildung via Internet durch viele kleine Gruppen und einzelne Bürger bliebe dabei jedenfalls auf der Strecke…
Die am 3. November anstehende Entscheidung geht daher buchstäblich jeden an, der sich ein freies Internet wünscht, in welchem die Inhalte nicht aufgrund immenser Verfahrenskosten von der Finanzstärke der beteiligten Parteien abhängen!
Im Interesse der freien Meinungsäußerung darf dieser Artikel von jeder Webseite unverändert übernommen werden.
Habt ihr inzwischen die schriftliche Urteilsbegründung?
Nein. Irgendwann wird die Begründung kommen, wir sind sehr gespannt! 🙂
Ich finde das echt verrückt. Das ist doch Irrsinn, wenn man alle Artikel immer überprüfen soll. Wer soll das schaffen? Bei normalen Zeitungen hat man ja in der Regel auch die alten Artikel alle noch online. Die müssten das ja dann auch überprüfen.
Nach der Rechtsauffassung des LG Hamburg müßte es aber dann auch so sein, dass Beiträge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt als falsch und unbelegt moniert, kostenpflichtig abmahnt und daraufhin gelöscht wurden,
wieder eingestellt werden können, wenn sich im Nachhinein doch die Richtigkeit des Beitrages herausstellt, nebst der verzinslichen Rückvergütung der Abmahnegebühr. Wenn schon, dann gleiches Recht für alle!
Ich bin allerdings der Auffassung, dass eingestellte Blogs Zeitgeschichte sind, die ja auch konkret mit Datum versehen sind und nicht auf ihre Tagesaktualität überprüft werden müssen. Das Problem der nachträglichen Abmahnung wurde ja hier schon von Herrn Popp ausführlich erläutert. Vielleicht ist es eher sinnvoll, zeitliche Regeln für Blogs zu schaffen (gesetzlich oder höchstinstanzlich), in denen alte Beiträge deutlich erkennbar ins Archiv verschoben werden müssen (z.B. nach 3 Monaten). Somit dürfte dem Problem ausreichend genüge getan sein.
„Justizposse“ ist wohl das richtige Wort:
http://buskeismus-lexikon.de/Hamburger_Landrecht
Vermutlich weiß auch Herr RA Höch, dass er NUR in Hamburg Recht bekommt, um Frick dienlich sein zu können. Nur im Gästebuch des Meisters selbst, bemüht man sich schon seit Wochen nicht mehr um positive Provaganda.
Die Freiheit wird abgeschafft.
Wie steht den die Piratenpartei zu dem Thema, haben Sie die auf Ihrer Seite? Ich liebäugel nämlich gerade mit denen, wo ich das hier so lese…
Hallo zusammen,
die Vorgehensweise des Herrn Frick ist im Sinne des Pressegesetzes und der freien Meinungsäußerung zumindest hochgradig bedenklich.
RA-Schreiben sind nicht immer verbindlich, denn ein RA ist ein Dienstleister, kein Gesetzeshüter und schon gar kein Gesetzgeber!
lG
Lutz
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In einer Berliner Universitäsbibliothek gibt es ein großes Zeitungs- und Zeitschriftenarchiv.
Das wäre ja ein ziemliches Gefledder, wenn die armen Bibliothekare jeden Artikel, der inzwischen nicht mehr richtig in die Zeit passt, herausschneiden müssten.
Historiker hätten dann auch ziemlich wenig Material, welches sie zu Forschungszwecken auswerten könnten… und nachfolgende Generationen können dann auch nicht mehr nachlesen, was Menschen zu bestimmten Zeiten dachten und schrieben.
Ach, eine Mauer teilte dieses Land auch niemals und diese ewigen Tagesschau-Wiederholungen im Fernsehen sind doch höchst abmahnungswürdig!! Genosse Krenz und Mielke, handeln Sie!
findet
P.U. Baer
Ein Bär von geringem Verstand.