Nachdem der von der US-Regierung Ende der vergangenen Woche angekündigte Rettungsplan für das Finanzsystem statt der bisher kalkulierten 500 Milliarden US-Dollar (USD) nun bereits 700 Milliarden USD verschlingen soll, gerät auch das Geschäftsmodell der Investmentbanken ins Wanken. Goldman Sachs und Morgan Stanley wandeln sich zu normalen Geschäftsbanken und unterstellen sich so der Kontrolle durch die US-Notenbank FED. Medien dies- und jenseits des Atlantiks sehen in diesem Schritt bereits das Ende der Wall Street in ihrer bisherigen Form.
Die Restrukturierung der Investmentbanken soll es den Instituten ermöglichen, leichter an Kapital zu gelangen. Insbesondere die mit der Kreditkrise einhergehende Vertrauenskrise hatte Investmentbanken, welche nicht auf Einlagen zurückgreifen können, sondern sich Kapital am Markt beschaffen müssen, in Bedrängnis gebracht. Nun bietet die FED den neu ausgerichteten Investmentbanken Kredite zur Überbrückung von Kapitalengpässen an. Auch müssen Banken, die unter Aufsicht der FED stehen, nicht nach Marktpreisen bilanzieren und werden so nicht zu teuren Abschreibungen gezwungen.
Im Gegenzug müssen Goldman Sachs und Morgan Stanley künftig ihre Anlagerisiken begrenzen, da sie den selben regulatorischen Anforderungen genügen müssen, wie auch gewöhnliche Geschäftsbanken. Bei den Investmentbanken dürfte damit die Zeit der hohen Hebel dank hoher Fremdkapitalanteile vorbei sein und die Rendite langfristig sinken.
Die jüngsten Rettungsaktionen durch die US-Behörden zeigen klar, dass hinter allen Nothilfen und Finanzspritzen die Absicht nach einer strukturellen Veränderung des Finanzsystems steht. Ob sich die bisher getroffenen Maßnahmen langfristig als effektiv erweisen, hängt allerdings auch vom Rest der Welt ab. Nur wenn Spekulationen mit einem hohen Fremdkapitalanteil außerhalb der USA ebenfalls stärker reguliert werden, tragen die Bemühungen der US-Behörden Früchte. So wäre auch garantiert, dass die Wall Street als Herz der internationalen Kapitalmärkte weiter schlägt.