Fazit nach fast einem Jahr Finanzkrise: Die Kurse finden kein Halten

Schwaches erstes Dax-Halbjahr: Stehen der Wirtschaft stürmische Zeiten bevor?Die aktuelle Entwicklung treibt dem Optimisten die ersten Sorgenfalten auf die Stirn und der Wortlaut „Alles nicht so schlimm – keine Panik“ verstummt immer mehr. Auf der anderen Seite wird der Pessimist immer lauter und reibt sich die Hände während er bedrohlich prognostiziert, dass die Abwärtsfahrt jetzt erst begonnen hat. Der Bankensektor rutscht immer weiter ab und staatlich geförderte Immobilienfinanzierer à la Freddie Mac oder Fannie Mae stürzen ins Bodenlose.

Freddie Mac hat Gerüchten nach Verbindlichkeiten, welche die Vermögenswerte um 5,2 Milliarden US-Dollar (USD) übersteigen. William Poole, Ex-Chef der FED St. Louis zu diesem Thema: „Der Kongress solle einsehen, dass Fannie Mae, als auch Freddie Mac zahlungsunfähig sind. Sie bestehen als Festungen der Privilegien fort, finanziert durch den Steuerzahler.“ Poole lehnt einen „staatlichen Rettungsring“ ab – diese Maßnahme wird aber unerlässlich sein, sofern echtes Interesse besteht, dass diese Häuser fortbestehen. Bear Stearns, fünftgrößtes Brokerhaus, ist bereits im März dem schwerem Beschuss erlegen und wurde über Nacht an J.P. Morgan Chase verkauft.

Wie alles begann

Im Frühjahr 2007 zeichnete sich ab, dass die Immobilienblase in den USA bald platzen würde, sofern der Markt und das jeweilige Marktumfeld nicht bald eine Abkühlung finden würde. Soweit kam es schlussendlich aber nicht mehr – die Blase ging in die Luft und beschert uns heute wie morgen noch eine unangenehme Situation.

Man spricht nun von der „Subprime-Krise“  – Hypothekenkredite, welche ohne ausreichende Sicherheiten blauäugig vergeben wurden, konnten nicht mehr gedeckt werden, da die Preise der meisten Eigenheime drastisch nachgelassen hatten.

Neben dem „kleinen Mann“, welcher durch Zwangsversteigerungen Haus und Hof verloren hatte, traf es logischerweise auch die Banken, welche Hypotheken vergaben. Anfangs hieß es, dass sich der Schaden in Grenzen halten würde und die Angelegenheit mit einmaligen Abschreibungen erledigt wäre, doch diese Aussage entsprach mindestens genauso der Unwahrheit wie die darauf folgenden Bilanzen, was sich später immer weiter herauskristallisieren sollte.

Es traf aber nicht nur die „schuldigen“ Banken, sondern den gesamten Finanzsektor, was eine Kettenreaktion durch die Märkte auslöste und am Ende auch Werte traf, die mit der Branche nichts am Hut haben. Die Krise breitete sich unaufhaltsam aus und schwappte von den USA nach Europa über, wo es erst Deutschland mit der Deutschen Bank und den deutschen Landesbanken und danach die Schweiz und umliegende Länder massiv getroffen hat. Die deutsche Mittelstandsbank IKB war kurz davor das Zeitliche zu segnen, wurde aber von ihrer Großaktionärin, der staatlichen Bankengruppe KfW mit Hilfe eines Rettungsplans, welcher die Schulterung der Milliardenlast umfasste, gerettet.

Mittlerweile agiert das gebrannte Kind, der Bankensektor, extrem vorsichtig und vergibt nur noch unter speziellen Umständen intern Kredite, was zu Zeiten vor der Krise zur Tagesordnung und dem guten Ton gehörte. Die Zentralbanken der Welt sind gezwungen, zu handeln und pumpen mehrmals im Sommer 2007 Liquidität in den Markt, um diesen „am Leben“ zu erhalten. Diese Finanzspritzen wurden zwar dankend angenommen, verpufften im nächsten Augenblick aber bereits wieder restlos – die FED greift schließlich zum Äußersten und senkt den Leitzins um mehr als 2,0 Prozentpunkte. Ein massiver Eingriff von Notenbankchef Ben Bernanke war wohl die „große Entscheidung“ im März 2008, als eine Zinssenkung von 0,75 Basispunkten auf dem Plan stand. Auch die US-Regierung sah sich mittlerweile zum handeln berufen und kündigte ein 150 Milliarden USD schweres Konjunkturpaket an.

Ist Rezession ansteckend?

Inwiefern sich die US-Rezession auf den Rest der Wert auswirkt, bleibt noch immer abzuwarten. Denkbar ist jedoch, dass es sich um eine ansteckende Krankheit handelt, denn die Entwicklung der US-Börsen hat sich bereits auf den deutschen Markt abgefärbt – man spricht derzeit auch im europäischen Raum von Inflation und Rezession. Fakt ist, dass zumindest in Deutschland keine Inflationsgefahr herrscht, sondern viel schlimmer, die einer Stagflation. Die Preise steigen, die Wirtschaftsleistung sinkt! Dies ist ein eindeutiges Indiz für eine bevorstehende Katastrophe, sofern auf diesem Gebiet nicht bald sämtliche Hebel in Bewegung gesetzt werden.

5 Gedanken zu „Fazit nach fast einem Jahr Finanzkrise: Die Kurse finden kein Halten

  1. Christian Müller

    Wichtig wäre es in diesem Zusammenhang auch folgenden Sachverhalt zu beleuchten:

    Fannie Mae, als auch Freddie Mac haben keine „Subprime-Kredite“ vergeben. Die Zahlungsunfähigkeit dieser Banken deutet darauf hin, dass der gesamte US-Amerikanische Immobilienmarkt in einer Krise steckt.

    Ob es bei einer „Immobilien-Krise“ bleibt ist auch nicht abzusehen, denn schon weitere CDOs stehen mittlerweile auf den Prüfstand, nämlich die der Unternehmen-Kredite, die ja auch in Deutschland durch spektakuläre Firmenübernahmen durch sogenannte Heuschrecken aufgenommen wurden.

    Daher ist das Wort „Finanzkrise“ tatsächlich die beste Beschreibung für die aktuelle Situation…

    Wollen wir nicht hoffen, dass das Kind nochmal umgetauft werden muss.. zur „Wirtschaftskrise“. Leider zeichnen sich auch hierfür mittlerweile dunkle Wolken ab…

    Christian Mueller

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  2. Nico Popp

    Guter Einwand! Die Finanzkrise wird medial wirklich zur Wirtschaftskrise hochstilisiert – ob zu Recht, weiß man heute noch nicht. Der ZEW-Index ist heute wieder gefallen, wobei man hier immer dazu sagen muss, dass die Umfragen für die schnelllebige Börse schon recht alt sind und sowieso nur eine Momentaufnahme darstellen.

    Ich bin gespannt, wie die Zinssenkungen im Spätsommer am Markt ankommen. Ich habe ja die Hoffnung, dass Öl gleichzeitig etwas korrigiert und wir so wieder in ruhigere Fahrwasser kommen ohne dass die Inflation ein bestimmendes Thema bleibt.

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  3. M. Bittrich

    Doch, eine Finanzkrise ist immer gleichzeitig eine Wirtschaftskrise, denn Investitionen fast aller Art sind nicht ohne Kredite zu stemmen. Wir haben in Deutschland außerdem keine Ressourcen außer der zwischen den Ohren, stattdessen aber werden Hauptschüler auf einmal Realschüler und auch sonst sinkt die Nation in vielen Bereichen ins Mittelmaß ab. Das hat nur zwei Gründe, aber beide darf man nicht öffentlich nennen, ohne dass gewisse Gruppen angerannt kommen, also lassen wir das.

    „sämtliche Hebel in Bewegung“… Kostolany schrieb mal passenderweise: „Die Volkswirte wissen alles über Geld – aber sie haben es nicht.“ Oder auch: Bis heute können Inflationen nur kommentiert werden, Mittel dagegen gibt es keine, und zu keiner Zeit des Jahrhunderts hatte man sie im Griff.
    Lustig wird es ja, wenn man endlich mal in der Wirtschaftswoche mehrteilig lesen kann, wie sinnlos ruinös Privatimmobilien und deren Finanzierung sind. Man kann sich diesen Egoismus erlauben, wenn man Geld übrig hat und/oder die Immo dann vermietet. Als normaler Häuslebauer selber darin zu wohnen = ökonomischer Irrsinn, Selbsverwirklichungs-Ruin, Geldvernichtung im Vergleich zur Investmentrendite (Zinseszinseffekt) als Mieter. Und: Dem ratierlichen Sparer kommt so eine kleine Krise wie die jetzige ja ohnehin gelegen (cost average).

    Mich interessiert eher als das Öl das Gold: Für viele sind Preise zwischen 2 und 4000 USD schon gemachte Sache; ein hoher Goldpreis war aber immer schon Vorbote einer Hyperinflation, daher kann ich Herrn Popps Relativierungen nicht nachvollziehen.
    Dazu eine aktuelle Meldung, die m.E. den deutschen Wachstumsmotor Kfz schlimm aussehen lässt:
    „Im deutschen VW-Netz erreichte die durchschnittliche Umsatzrendite 2007 mit 0,2 Prozent ihren bisherigen Tiefpunkt… Auch den Audi-Partnern blieben 2007 im Schnitt nur 0,3 Prozent Rendite, bei den Exklusivhändlern waren es 0,7 Prozent. Dem Bericht zufolge schreiben derzeit 61 Prozent der deutschen VW-Partner und 58 Prozent der Audi-Händler rote Zahlen – und Besserung sei nicht in Sicht.“ – und das als Weltmarken in einem sog. Wirtschaftsaufschwung…

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  4. Christian Müller

    Die Inflation des US-Dollar muss für die nächsten Jahre weiterhin ein Thema bleiben, dafür ist die Geldmenge M3 zu hoch: http://aktien-blog.com/banken-finanzkrise-monoliner-0019.html

    Die EZB kann ggf. versuchen, den Import dieser Inflation möglichst gering zu halten, was allerdings nochmal zu einer Dramatischen Verschiebung des EUR/USD führen muss und die Exportmöglichkeiten in die US verschlechtern würde…

    Eine Rohstoff-Haussee und Inflation gehen häufig Hand in Hand… Solange die USA nicht von ihrer bsiher eingeschlagenen Geldstrategie abweicht, wird sich das auch nicht ändern. Seit 2000 verschiebt sich immer mehr der Blick von virtuellen Werten (Buchgewinne, Zukunftsaussichten, Technologiekonzepte) wieder hin zu den „altmodischen“ realen Werten (Gold, Weizen, Öl), das sieht ja mittlerweile schon jeder. Das wird dann so lange gehen, bis man merkt, dass ein Goldberg keine Innovation hat und keinen Fortschritt bietet und dann Beginnen wir das Spiel in die andere Richtung 😉

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