Das geplante 700-Milliarden-Dollar-Paket zur Rettung des US-Finanzmarktes stößt im Kongress auf Gegenwehr: Das Paket sei „finanzieller Sozialismus und unamerikanisch“, sagte der republikanische Senator Jim Bunning. Auch Teile der Demokraten kritisieren an der geplanten Rettungsaktion, dass dadurch lediglich die Wall Street gerettet würde – von Zahlungsunfähigkeit bedrohte Hausbesitzer und damit auch potentielle Wähler haben von dem geplanten Rettungspaket wenig zu erwarten. Ein weiteres Argument der Kongressabgeordneten bezieht sich darauf, dass ein Erfolg der staatlichen Interventionen keineswegs gewiss sei und man das Paket daher nicht vorschnell verabschieden sollte.
Fed-Chef Ben Bernanke machte dagegen deutlich, dass der Kongress die Maßnahmen noch in dieser Woche verabschieden müsse, „um die Situation zu stabilisieren und die andernfalls sehr ernsten Folgen für unsere Finanzmärkte und unsere Wirtschaft zu verhindern“. Während Börsianer hoffen, dass der US-Kongress das Rettungspaket bis Ende der Sitzungswoche am Freitag beschließt, kritisiert die Öffentlichkeit zunehmend die Sozialisierung der Verluste, nachdem die teilweise exorbitanten Gewinne der vergangenen Jahre über Millionengehälter, Abfindungen und Kursgewinne privatisiert wurden.
Wer in der jetzigen Phase allerdings hofft, es dem Finanzsektor „heimzahlen“ zu können, indem er gegen staatliche Rettungspakete argumentiert, schneidet sich unter Umständen ins eigene Fleisch. Die Folgen einer Pleitewelle könnten die Welt in eine tiefe Rezession stürzen und den Bürgern im Endeffekt noch größere Entbehrungen abtrotzen. Wichtiger wäre es, die Krise auf dem jetzigen Niveau einzudämmen und die Weichen für ein transparenteres Finanzsystem zu stellen.
In Zeiten, in denen selbst Börsianer auf staatliche Interventionen hoffen, stehen die Chancen auf eine nachhaltige Veränderung des Finanzsystems nicht schlecht. Die Geschehnisse der vergangenen Monate liefern Politikern und Behörden zahlreiche Argumente, um gegenüber der Finanzwelt längst verloren geglaubtes Terrain im Interesse aller Beteiligten wiederzugewinnen. In der jetzigen Situation einfach nur den Geldhahn zuzudrehen und den vorläufigen Niedergang der Weltwirtschaft zu riskieren, erscheint angesichts der neu gewonnenen Möglichkeiten sehr einfallslos.
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