Jochen Stanzl ist Chefredakteur der Themen Publikation Rohstoff-Report.de der BörseGo GmbH. Seine Kompetenz umfasst vor allem die Bereiche Zertifikate und Rohstoffe. Bei Interesse melden Sie sich für einen kostenlosen Bezug der Themenpublikation mit vielen nützlichen Tipps und interessanten Stories an.
Aktien-Blog: Herr Stanzl, Sie haben gemeinsam mit Ihren Kollegen des Rohstoff-Reports das Buch „Der große Rohstoff Guide“ veröffentlicht, welches einen detaillierten Überblick über den Rohstoffmarkt gibt. Wann sind Sie selbst auf das Thema aufmerksam geworden und was hat Sie davon überzeugt, dass Rohstoffe eine interessante Anlage darstellen?
Stanzl: Ihre Frage besteht aus zwei Teilen, lassen Sie mich zuerst auf den ersten Teil eingehen. Auf den Rohstoffsektor wurde ich im Spätjahr 2004 aufmerksam, als Erdöl erstmals mehr als 40 Dollar pro Fass kostete. Damals wurde das erste Mal richtig „laut“ über die steigenden Ölpreise diskutiert. Nur allmählich begann ich dann zu erkennen, dass es nicht nur Öl, sondern Dutzende weitere handelbare Rohstoffe gibt, die sich ebenfalls zu verteuern schienen.
Ich hatte in dieser Zeit die Möglichkeit, in der Redaktion des Rohstoff-Reports mitzuarbeiten, der damals von einem erfahrenen Banker-Team in Frankfurt betreut wurde. Ich habe hier ein Jahr intensiv an der Erstellung des Rohstoff-Reports und der Recherche im Rohstoffsektor mitarbeiten können und sehr viel über Rohstoffe gelernt. Das ermöglichte mir, den Rohstoff-Report später als Chefredakteur verantwortlich zu übernehmen.
Nun zum zweiten Teil Ihrer Frage, wo Sie nach den Aussichten für den Rohstoffen fragen. Das Thema Rohstoffe war schon seit Jahrhunderten immer ein Thema. Rohstoffe stehen ganz am Anfang eines jeden Wertschöpfungsprozesses. Rohstoffe sind also nichts Neues und eigentlich auch recht langweilig. In den letzten Jahren hat sich allerdings einiges geändert, was Rohstoffe so attraktiv wie nie zuvor macht:
Die erste merkliche Veränderung ist der Wirtschaftsaufschwung Chinas: Das BIP-Wachstum beträgt dort seit über einem Viertel Jahrhundert über 10% – einen derart starken Aufschwung eines so großen Landes gab es noch nie in der Menschheitsgeschichte. Besonders seit dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation im Jahr 2002 überschlagen sich die Wachstumsraten. Damals wurde der chinesische Markt für ausländische Direktinvestitionen geöffnet, die seither reichlich ins Land strömen und neue Fabriken, Autobahnen und Städte schießen wie Pilze aus dem Boden. Das führt vor allem dazu, dass das Land unvorstellbare Mengen an Rohstoffen wie Eisenerz, Kohle und Öl verschlingt. Wir sprechen im Rohstoff-Report oft vom chinesischen „Staubsaugereffekt“, wenn die Chinesen anfangen einzukaufen, bleibt oft nichts mehr übrig.
Die zweite Veränderung ist die wachsende spekulative Nachfrage nach Rohstoffen. Die weltweit in Rohstoffe veranlagte Summe liegt mittlerweile bei schätzungsweise 140-150 Milliarden US-Dollar, Derivate mitgerechnet sogar bei einem zigfachen dessen. Die Handelsvolumina an den großen Terminbörsen steigen von einem Rekord zum nächsten. Das Interesse gilt den Rohstoffen also nicht mehr alleinig ihrer industriellen Verwertbarkeit wegen. Rohstoffe gelten als attraktives Finanzinstrument, das eine negative Korrelation zum Aktienmarkt besitzt. Daher sind Rohstoffe, gemäß der modernen Portfoliotheorie, für die Optimierung eines Portfolios geradezu wie geschaffen.
Aktien-Blog: Nickel soll vom Klimawandel und der damit verbundenen steigenden Zahl der Hybrid-Fahrzeuge profitieren und hat sich in den letzten Monaten sehr positiv entwickelt. Zink und Kupfer zeigen sich dagegen deutlich volatiler. Trennt sich bei den Industriemetallen momentan die Spreu vom Weizen?
Stanzl: Bei den Industriemetallen spielen die Veränderungen der Lagerbestände in London und Asien eine bedeutende Rolle, da sie direkte Hinweise auf die Verfügbarkeit oder mögliche Knappheit eines Metalls geben. Bei Zink und Kupfer sind sie seit Jahresanfang deutlich gestiegen, bei Nickel war diese Erholung hingegen nicht erkennbar. Bei Kupfer und Zink ist der Markt derzeit ungefähr ausgeglichen, bei Nickel gibt es immer noch ein ernstes Defizit. Dass Kupfer und Zink verfügbarer sind als Nickel, liegt an der Inbetriebnahme neuer und Erhöhung der Kapazitätsauslastung bestehender Minen, was bei Nickel nicht so einfach möglich ist, da hier das Angebot auf wenige große Anbieter begrenzt ist. Hier kann es also noch zu Überraschungen kommen, allerdings muss sich der Anleger des Risikos eines Investments in Nickel bewusst sein: Fahnenstangencharts bergen nämlich auch bei Rohstoffen die Gefahr hoher Verluste.
Aktien-Blog: James Dines prognostiziert für Uran aufgrund des nur langsam wachsenden Angebots bei stetig steigender Nachfrage ein astreines „Bullen-Szenario“ und erwartet Marktpreise von 150 US-Dollar pro Pfund. Sie haben Uran in Ihrem im vergangenen Jahr erschienenen Buch nicht behandelt. Gedenken Sie, zukünftig auf Uran einzugehen und wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des Uran-Marktes ein?
Stanzl: Wir behandeln das Thema Uran nun in einer Spezial-Ausgabe des Rohstoff-Reports am 16. April. Das Ziel von 150 Dollar pro Pfund ist gar nicht mehr so weit entfernt, am 9. April wurde gerade erst ein neues Rekordhoch bei 113 Dollar je Pfund erreicht. Der Preis von Uran wird über Auktionen oder direkte Verhandlungen von Käufer und Verkäufer bestimmt. Einen offiziellen einheitlichen Marktpreis gibt es nicht. Das Angebot ist sehr knapp und weiteres Uran aus neuen Minenprojekten wird erst Ende des Jahres 2009 „online“ gehen. Bis dahin dürften der Uranpreis und damit auch die Aktien der Uranminen weiter steigen. Mitte bis Ende des Jahres 2009 dürfte es erst einmal zu einer Entspannung des Uranpreises kommen. Doch bereits wenige Zeit später im Jahr 2013 wird das so genannte „HEU Agreement“ zwischen Russland und den USA enden. Innerhalb dieses Abkommens beliefert Russland die USA bislang mit Uran aus Atomwaffenbeständen aus Zeiten des Kalten Krieges. Im Jahr 2013 wird dieses Uran größtenteils aufgebraucht sein. Woher dann das fehlende Uran kommen soll, weiß kein Mensch.
Aktien-Blog: Mit der Korrektur an den Aktienmärkten im letzten Monat korrigierte auch der Goldpreis. Historische Vergleiche zeigen, dass Gold in der ersten Übertreibungsphase meist ebenso abgestraft wird wie auch Aktien. Was entgegnen Sie Kritikern, die in Gold keine echte Krisenwährung sehen?
Stanzl: Ich möchte mich gar nicht in die Position drängen lassen, Rohstoffe kategorisch verteidigen zu müssen. Als Redakteur einer Rohstoff-Publikation darf man auch einmal sagen, dass aus bestimmten Rohstoffen die Luft raus ist, was ich im Rohstoff-Report regelmäßig ganz explizit auch tue. Das gehört meiner Meinung zu einer verantwortungsvollen und qualitativ hochwertigen Publikation dazu.
Was aber im speziellen Gold angeht, ist es einer meiner Favoriten für das Jahr 2007 und 2008. Ein fallender Dollar, fester notierendes Erdöl, Zentralbankkäufe (nicht Verkäufe) in Russland, dem Mittleren Osten und Südamerika sowie eine seit Jahren fallende Minenproduktion sprechen für steigende Goldpreise. Dabei noch gar nicht beachtet ist die enorm steigende physische Nachfrage nach Gold durch die hohe Beliebtheit von Gold-ETFs, besonders in den USA. Hier gibt es eine tatsächliche Nachfrage nach Goldbarren, die es vor wenigen Jahren noch nicht gegeben hat.
Das ist die eine Seite der Medaille: Der Goldkauf mit dem Motiv der Vermögensvermehrung. Das zweite Motiv ist der Goldkauf mit dem Ziel des Vermögenserhalts. Und hier darf man nicht auf Zertifikate oder ETFs setzen, sondern muss Gold tatsächlich in Form von Barren oder Münzen kaufen. Wenn Papiergeld tatsächlich einmal wertlos sein sollte, werden Münzen und Barren immer noch Kaufkraft besitzen. Ein Notgroschen aus purem Gold kann meiner Meinung nach nicht schaden.
Aktien-Blog: In welche drei Rohstoffe würden Sie jetzt und heute investieren?
Stanzl: Gold, Silber und Platin!
(…) Auf den Rohstoffsektor wurde ich im Spätjahr 2004 aufmerksam (…)
und sowas nennt sich Profi.
Geh spielen!
Also ich finde das Interview sehr interessant. Bin echt mal auf den Nickelpreis gespannt und ob sich Nickel wirklich als Fahnenstange entpuppt. Andere Börsenbiefe sagen ja was anderes.
Die Nickelproduktion bringt ja auch hohe Umweltbelastungen mit sich, was dazu führen könnte, dass kleinere und somit weniger rentable Projekte nicht in Produktion gehen können. In meinen Augen ist es also für Explorer unbedingt wichtig, die Umweltproblematik zu berücksichtigen und gut mit Anwohnern und Interessenvertretern zusammenzuarbeiten.
Dieses „Umweltrisiko“ treibt den Nickelpreis sicherlich zusätzlich, andererseits führt ein hoher Nickelpreis auch dazu, dass sich hohe Produktionskosten und Umweltstandards dennoch rechnen.