Kapitalbedarf setzt Medienunternehmen unter Druck: Premiere am Ende der Talsohle – ProSiebenSat.1 vor großen Problemen?

Zukunftspläne von Premiere: Mit neuem Kapital und besseren Angeboten zu mehr AbonnentenSeit Jahren gelten die ehemals von Leo Kirch gegründeten Medienunternehmen ProSiebenSat.1 und Premiere am Aktienmarkt als Kellerkinder: Hohe Schulden, schwindende Zuschauerzahlen bei ProSiebenSat.1 und zu wenig Abonnenten beim Bezahlsender Premiere sorgen dafür, dass langfristig orientierte Privatanleger einen großen Bogen um die Aktien von Premiere und ProSiebenSat.1 machen. In diesen Tagen versuchen beide Unternehmen erneut, das Ruder noch einmal herumzureißen: Während ProSiebenSat.1 neben neuen Sendungen ein Aktienrückkaufprogramm angekündigt hat, um die Aktienoptionen der Hauptanteilseigner bedienen zu können, ist Premiere mit seiner Kapitalerhöhung schon einen Schritt weiter: Mit einem Preisabschlag von rund fünfzig Prozent bezogen auf den aktuellen Börsenkurs sollen drei mal mehr Premiere-Aktien ausgegeben werden, als bislang am Markt verfügbar sind.

Mit dem Erlös von 400 Millionen Euro will sich Premiere neu aufstellen und die Übertragungsrechte für die Bundesliga finanzieren. Altaktionäre erhalten je Premiere-Aktie drei Bezugsrechte für neue Aktien und können sich mit 1,12 Euro je Aktie an der Kapitalerhöhung beteiligen. Falls das Interesse an den neuen Aktien nicht ausreichen sollte, wird Großaktionär Rupert Murdoch sämtliche neuen Aktien zeichnen. Für den Fall, dass der Medienmogul nach der Kapitalmaßnahme mehr als dreißig Prozent der Premiere-Aktien kontrolliert, können Anleger allerdings nicht wie gesetzlich vorgeschrieben mit einem Übernahmeangebot rechnen: Bereits vor Monaten hatte sich Murdoch von der Pflicht zum Abfindungsangebot für Premiere-Aktionäre befreien lassen, da es sich bei dem Sender nach Murdochs Argumentation um einen „Sanierungsfall“ handle.

Bei ProSiebenSat.1 ist die Finanzierung zwar vorerst gesichert, doch könnte auch die Senderfamilie aus München im kommende Jahr ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bekommen. Der mit mehr als drei Milliarden Euro verschuldete Privatsender wird mehrheitlich von den Finanzinvestoren Permira und KKR gehalten und musste zeitweise sogar indirekt die eigene Übernahme mittels Dividendenzahlungen abstottern. In diesem Jahr blieben die umstrittenen Dividendenzahlungen an die Finanzinvestoren aus. Was sich auf den ersten Blick positiv für ProSiebenSat.1 liest, könnte jedoch zu einem Bumerang für den Medienkonzern werden: Da die Schulden der ProSiebenSat.1-Haupteigner Permira und KKR zunehmend nicht mehr durch hinterlegte Aktien der Senderfamilie gedeckt sind, könnten ab 2010 die Banken das Regiment bei ProSiebenSat.1 übernehmen. Diese Situation werde wahrscheinlich, sollte auch im kommenden Jahr die Dividende von ProSiebenSat.1 ausbleiben, berichten Kenner des Unternehmens.

ProSiebenSat.1-Zentrale in München: Kapital der Mehrheitseigner reicht bis ins Jahr 2010 - was kommt dann?Lediglich eine deutliche Verbesserung der Bedingungen für Kreditnehmer bis 2010 könnte Druck von der Sendergruppe nehmen und die Restrukturierung voranbringen. Tatsächlich liegt ProSiebenSat.1 in der Gunst der Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren bereits auf Platz zwei und drei der Quotenliste des Monats März – operativ sieht es also gar nicht so schlecht aus für den Privatsender. Der Bezahlsender Premiere verzeichnet derweil noch keinen nennenswerten Zuwachs seiner Abonnentenzahlen. Allerdings macht der Blick auf die Bereitschaft der Deutschen, für Fernseinhalte zu bezahlen, auch dem Bezahlsender Hoffnung: 1,8 Millionen Kunden nutzen Pay-TV über ihren Kabelanbieter, rund 500.000 schauen kostenpflichtig über das Internet. Potential für künftige Kunden scheint bei Premiere also vorhanden zu sein. Mittels einer vereinfachten Gebührenstruktur sowie besserem Marketing will Premiere bis 2011 schwarze Zahlen schreiben.

Schlechter sieht es dagegen für ProSiebenSat.1 aus: Selbst wenn die Senderfamilie in den nächsten Jahren Gewinne erwirtschaften sollte, dürften diese zunächst an die Mehrheitseigner ausgeschüttet werden – erst nachdem die Finanzinvestoren ihre Schulden aus dem Kauf von ProSiebenSat.1 getilgt haben, kann die Senderfamilie an die eigenen Verbindlichkeiten denken. Das Premiere-Sanierungskonzept wirkt mit seiner langfristigen Ausrichtung dagegen nachhaltiger. Bei ProSiebenSat.1 wird sich erst in einem Jahr zeigen, ob die Haupteigner Permira und KKR neues Kapital benötigen oder nicht. Diese Unsicherheit dürfte trotz guter Einschaltquoten auch weiterhin auf dem Kurs der ProSiebenSat.1-Aktie lasten. Premiere hat seinen Kapitalbedarf dagegen langfristig gesichert. Weitere Hiobsbotschaften dürften bei Premiere nach der angekündigten Kapitalerhöhung zunächst ausbleiben.

3 Gedanken zu „Kapitalbedarf setzt Medienunternehmen unter Druck: Premiere am Ende der Talsohle – ProSiebenSat.1 vor großen Problemen?

  1. Börsenbrief

    Ich glaube, dass das große Problem bei Premiere bei den Schwarzsehern liegt. Hier ist enormes Umsatzpotential verloren gegangen und wird wohl auch nicht mehr kommen, weil es immer wieder neue Entschlüsselungstechniken der Hacker geben wird.

    Meine Vorschlag wäre: Premiere sollte ebenfalls Werbung schalten, zumindest nach bzw. vor den Filmen. Ich glaube nicht, dass dies groß jemanden stören würde und hier sehe ich bei Premiere verstecktes Umsatzpotential. Dies dürfte dann auch die Aktie wieder interessanter machen!

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  2. Nico Popp

    Schaltet Premiere nicht bislang auch schon Werbung? Zumindest im Umfeld von Sportübertragungen kommen Werbespots. Ob die Erlöse allerdings mehr als ein kleines Zubrot für Premiere sein können, muss angesichts der Kundenzahlen bezweifelt werden.

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  3. Finanz-Aktuell.com

    Nico hat Recht. Premiere schaltet längst Werbung im Umfeld der Sendungen. Nicht nur im Sportportal, sondern auch bei den Filmen. Was früher der Vorteil war von Premiere, die absolute Werbefreiheit, ist damit längst hinfällig. Wenn dann noch mehr Werbung geschaltet werden sollte, bin ich wohl längste Zeit Kunde gewesen.

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