Die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz bei der angeschlagenen Arcandor-Gruppe wird immer höher. Lesen Sie, warum wir die heutige kleine Zwischenerholung im Handelsverlauf (von 1,11 Euro auf 1,44 Euro) zum Leerverkauf der Aktie genutzt haben. Wirtschaftlich sinnvoll erscheinen weitere Staatshilfen ohnehin nicht. Nach dem Verkauf und der Rückmietung der eigenen Immobilien ist die Substanz des Unternehmens dramatisch geschwächt beziehungsweise nicht mehr vorhanden. Erste Auflösungserscheinungen sind bereits sichtbar. Die Vermieter haben die fällige Juni-Miete bisher noch nicht erhalten.
Damit verbleiben lediglich das Geschäftsmodell beziehungsweise die Markennamen Karstadt, ThomasCook sowie Quelle als werthaltige Aktiva für mögliche Investoren. Das Problem: Dem Geschäftsmodell von Karstadt wird kaum mehr eine Zukunftschance zugestanden. Warenhäuser alter Prägung sind ein Auslaufmodell. Der Trend geht hin zu großen Einkaufsmeilen, in denen verschiedene Spezialläden eine Rundum-Bedienung für den Konsumenten ermöglichen. Selbst die Markennamen sind von zweifelhaftem Wert: Karstadt und Quelle hängt der Mief der Vergangenheit an, allenfalls der Reiseanbieter ThomasCook könnte für Investoren von Interesse sein.
Möchte die Politik jetzt ein Exempel statuieren?
Dem gegenüber steht allerdings eine hohe Schuldenlast sowie ein nicht funktionierendes Geschäftsmodell. Was bleibt ist einzig und allein die Hoffnung auf einen Staatskredit. Doch selbst dieser dürfte wohl die Insolvenz lediglich hinauszögern können. Zudem hat die Politik mit dem Ergebnis der gestrigen Europawahl ein klares Votum der Wähler gegen Staatsbeihilfen für angeschlagene Unternehmen bekommen. Wirtschaftsminister zu Guttenberg sammelte für seine kritische Haltung viele Pluspunkte. Auch die bisher überwiegend pro Beihilfe argumentierenden Linksparteien dürfte diese Entwicklung nicht entgangen sein. Unter dem Strich sind die Chancen auf Staatshilfe für Arcandor seit der Wahl daher weiter gesunken.
Vor allem die Argumentation des Bundesausschusses für Staatsbeihilfen, wonach „erhebliche Zweifel“ an der Tragfähigkeit des Arcandor-Konzepts bestünden, wiegt schwer. Gut möglich, dass die Politik im Falle Arcandor ein Exempel statuieren möchte, um zu zeigen, dass der Staat bei selbst verschuldeten Notlagen kein Pardon kennt und die Eigentümer auf sich alleine gestellt sind.
Arcandor-Aktionäre dürften leer ausgehen
Erschwerend kommt hinzu, dass nun auch der Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff im Visier der Staatsanwaltschaft steht. Es werden mögliche Interessenskonflikte im Zusammenhang mit überhöhten Mieten untersucht, die Arcandor Immobilienfonds bezahlt haben soll. Middelhoff gehört zu den Anteilseignern, der betreffenden Immobilien-Fonds. Die komplette Eigentümerstruktur für die 85 Warenhäuser, 29 Parkhäuser, zwölf Sporthäuser und mehr als 40 anderen Immobilien, die im Rahmen des so genannten Highstreet-Deals entstanden ist, wackelt.
Hintergrund ist hier, dass nicht nur Arcandor selbst bzw. Karstadt hoch verschuldet ist, sondern auch das Highstreet-Konsortium (unter anderem Deutsche Bank, Goldman Sachs) auf 3,4 Milliarden Euro Schulden sitzen soll. Mein Fazit lautet daher: Bei Arcandor droht die Insolvenz – Aktionäre dürften dann leer ausgehen.
Das nenne ich 1A Timing. Danke für die Empfehlung.
Wie sagte dieses Bertelsmann-Protektionskind damals in 2007:
Arcandor AG Kursziel 40€ bis Ende 2008
Dr.Thomas Middelhoff hat auf der Aktionärsversammlung ein Kursziel von 40€ in Aussicht gestellt.
„Unser Konzern hat heute eine klare Struktur mit drei starken operativen und eigenständigen Bereichen: Karstadt, Primondo, Thomas Cook. Als Finanzholding hat Arcandor das Ziel, diesen Konzern strategisch weiter zu entwickeln, um kontinuierlich und nachhaltig Wert für unsere Aktionäre zu schaffen.“
Es ist schade um Karstadt. Ich finde, Warenhäuser haben durchaus Charme. Die Süßwarenabteilungen zum selbst abwiegen machen einfach Spaß 😉 Aber genau da liegt das Problem. Bei den Mieten in Innenstädten muss man in einer 40 qm Süßwaren-Abteilung schon einige Leckereien verkaufen, bis sich das rechnet – das kann man Middelhoff anrechnen. Von seinen mutmaßlichen privaten Beteiligungen an Immobilienfonds, die Karstadt-Filialen vermietet haben, ganz zu schweigen.
Die Antwort-Alternative ist interessant:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/1788593_Karstadt-und-Kaufhof-Keine-Buergschaft-fuer-Arcandor.html
O Nein, die Eigentümer Schickedanz und Sal.Oppenheim haben genug Geld.
Ja, Schickedanz ist immerhin Millionärin 😉
Als die Quelle Contact dezimiert wurde, wußte jeder Firmeninsider, dass Middelhoff nur das Vermögen von
Madleine S. anhäufen sollte. Auf Kosten vieler Angestellter ( die Schließug fand ohne Abfindung statt-sic)in Nichtdeutschland (Dänemark)und der Neuansiedelung in Ostdeutschland unter Zuhilfenahme von staatlichen Zuschüßen (wir schaffen Arbeitsplätze!(und bauen sie woanders ab!!)) Mit dieser Privatbereicherung auf Staatskosten muß Schluss sein, und von Gutenberg hat völlig richtig gehandelt!
Ich selbst habe meine Meinung zur Insolvenz etwas geändert. Soeben haben Gläubiger von Arcandor einen Zinsaufschub gewährt. Auch zu Guttenberg scheint nicht völlig von einer Rettung abgerückt zu sein: „Wirtschaftsminister Guttenberg verlangt die Erfüllung eines Zehn-Punkte-Plans – der „den Chefs“ bekannt sei. (FTD)“ Da die Details des Plans nicht bekannt gegeben wurden, besteht Einigungspotential. Die Politik kann auch ein Exempel statuieren, indem sie Arcandor zu Kreuze kriechen lässt. Es bleibt spannend…
Jetzt ist es eindeutig. Ich hatte damit gerechnet, dass Arcandor auf jeden Fall noch einmal einen Antrag stellt – kostet ja nichts und der Ball wäre wieder im Feld der Regierung gelegen.
Respeckt…
Die Analyse hat ins SCharze getroffen – super timing
Hallo, vielen Dank fürs Lob. Ich habe im Trend-Trader-Musterdepot vorhin die Short-Position zu 0,73 Euro glattgestellt. Macht einen Gewinn von fast 50 Prozent in nur 24 Stunden.
Ich gehe zwar davon aus, dass die Aktie fundamental noch deutlich weniger wert ist, aber das Shorten von Insolvenzwerten ist gefährlich. Ich habe vorhin Rücksprache mit unserem Kooperationspartner E*Trade gehalten. Es ist durchaus möglich, dass in Kürze wegen der Insolvenz eine Shortsperre für die Arcandor-Aktie verhängt wird. Dann kommt es zumindest bei E*Trade zu Zwangseindeckungen, was kurzfristig zu einem Kursanstieg führen könnte.
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