Opec-Staaten im Blick: Nigeria – Zwischen Armut und Kriegsgefahr

Nigeria: Reiches Land - armes Volk.Am vergangenen Wochenende wurde Guido Schiffarth, Mitarbeiter des Baukonzerns Bilfinger Berger aus zweiwöchiger Geiselhaft in Nigeria entlassen. Das Bauunternehmen arbeitet im Nigerdelta, der bedeutendsten Lagerstätte für Erdöl Nigerias, mit Ölkonzernen zusammen. Immer wieder kommt es in dieser Region zu Entführungen. Verantwortlich zeigen sich meist Mitglieder der Organisation „Movement for the Emancipation of the Nigerian Delta“ (MEND), die gegen die Ausbeutung nigerianischer Ölvorkommen durch den korrupten nigerianischen Staat und internationale Ölkonzerne und die damit verbundenen Umweltverschmutzungen kämpfen. Neben Entführungen kam es auch schon zu bewaffneten Übergriffen auf Förderanlagen. Während Schiffarth bald wieder in Nigeria arbeiten möchte, befindet sich ein weiterer Deutscher in der Gewalt der MEND-Rebellen. Doch nicht nur wegen der aktuellen Ereignisse halten Konfliktforscher Nigeria für ein Pulverfass – weitreichende Folgen nicht ausgeschlossen.

Nigeria ist mit jährlich rund 340 Millionen Tonnen geförderten Öls der viertgrößte Produzent der Welt und verfügt zudem über stattliche Ölreserven. Trotzdem kann das Opec-Mitglied nicht von seinem offensichtlichen Reichtum profitieren: Weit mehr als die Hälfte der Einwohner Nigerias leben von weniger als einem Dollar pro Tag. Die Gründe für dieses Ungleichgewicht werden von Experten meist in der hohen Korruption innerhalb Nigerias gesehen. Im Jahresbericht der Organisation „Transparency International“ von 2005 rangiert Nigeria deutlich unter afrikanischem Durchschnitt. Nahezu alle Bereiche – von Politik, über das Gesundheitssystem, bis hin zu Polizei, Militär und Wirtschaft – sind in Nigeria korrupt. Die leidtragende Bevölkerung wehrt sich nach Kräften und trifft so eine der wenigen Quellen für Wohlstand: die Ölproduktion.

Doch sind die chaotischen Umstände in Nigeria keinesfalls nur ein nationales Problem: Als bedeutendes Opec-Mitglied könnte die Krise Nigerias schnell zu einem globalen Flächenbrand werden. Denn Korruption, Umweltverschmutzung und die Aktivisten der MEND sind nicht das einzige Problem des afrikanischen Staates, der bis 1960 zu Großbritannien gehörte: Seit vielen Jahren schwelt zwischen Nigeria und dem Nachbarland Kamerun ein Streit um Territorium. Eigentlich besteht die Bakassi-Halbinsel zum größten Teil aus Sumpfgebiet, welches von Fischern bewohnt wird. Dennoch eskaliert der Streit um Bakassi bis hin zu gewaltsamen Übergriffen. Der Hauptgrund ist ebenso einleuchtend, wie auch pikant: Vor der Halbinsel befinden sich reiche Ölvorkommen! Obwohl Nigeria nach einer Vereinbarung zwischen beiden Staaten das Gebiet an Kamerun abtreten soll, weigert sich der Opec-Staat bis heute und hält die Halbinsel besetzt – sogar ein Grenzposten Kameruns soll bereits von nigerianischen Soldaten getötet worden sein.

Die nigerianische Ölproduktion ist langfristig nicht garantiert. Zwar sichert der halb-autoritäre Staat das Nigerdelta mit allen Mitteln, jedoch nimmt der inländische Konflikt zwischen MEND und der nigerianischen Regierung Monat für Monat neue Formen an. Die ausufernde Korruption und die große Armut treibt zudem immer mehr Nigerianer in die Arme der Rebellen. Neben den internen Konflikten und Problemen steht die Krise mit Kamerun: Auch wenn einige kleinere Scharmützel an den Grenzen noch keinen Krieg bedeuten, so ist einer der Hauptgründe für Kriege im 21. Jahrhundert bereits gegeben: Der Kampf um Rohstoffe!

5 Gedanken zu „Opec-Staaten im Blick: Nigeria – Zwischen Armut und Kriegsgefahr

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