Opec-Staaten im Blick: Saudi-Arabien zwischen Reichtum und Fundamentalismus

Als die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) im Jahr 1960 als Kartell zur Angebotssteuerung gegründet wurde, war Saudi-Arabien eines der Gründungsmitglieder und Initiator des Zusammenschlusses. Heute ist das Land der mit Abstand größte Förderer von Erdöl – über 500 Millionen Tonnen Öl fördern die Saudis jährlich. Entsprechend spielt Öl auch eine gewichtige Rolle in der saudischen Wirtschaft: Die positive Außenhandelsbilanz erreicht Saudi-Arabien zum größten Teil durch den Erdölexport. Trotz des offensichtlichen Reichtums steht Saudi-Arabien innenpolitisch vor Problemen: Die islamische Monarchie gerät immer häufiger ins Visier von Terroristen, welche Anstoß am Export von Rohöl in westliche Staaten finden. Bombenanschläge und bewaffnete Überfälle auf für Ölkonzerne tätige Ausländer zeugen von dieser innenpolitischen Kluft. Tatsächlich ist Saudi-Arabien sehr religiös geprägt. Unter anderem steht auf Homosexualität oder Hochverrat die Todesstrafe, die beispielsweise durch Steinigung vollzogen werden kann.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) klagt die Bedingungen innerhalb des Landes seit Jahren erfolglos an. Obwohl immer wieder Gerüchte zu Tage treten, wonach Mitglieder des Königshauses als Finanziers des Terrors fungieren sollen und trotz der tief religiösen Ausrichtung des Staates, steht Saudi-Arabien im Fadenkreuz radikal-islamischer Terroristen: Die saudische Königsfamilie gilt unter radikalen Moslems als Verräter und kann öffentliche Auftritte nur unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen wahrnehmen.

In der Bevölkerung wächst derweil zunehmend die Sympathie für die radikale Ideologie von el Quaida. Trotz des großen Reichtums im Land gibt es sozial Ausgestoßene, die herkömmlichen Arbeiten nachgehen müssen. Diese Arbeiten werden in Saudi-Arabien zum größten Teil von ausländischen Arbeitskräften übernommen. Saudis, welche nicht als Geschäftsleute tätig sind, gelten daher häufig als minderwertig und werden gesellschaftlich ausgegrenzt. Dieser Umstand dient gepaart mit der allgemein niedrig ausgeprägten Toleranz für fremde Religionen als Nährboden für den islamischen Terrorismus. Aufgrund der bedeutenden Stellung in der Opec, könnte ein Wegbrechen oder eine deutliche Verringerung der saudischen Ölförderung einen Schock von weit größerem Ausmaß als die Ölkrise in den 1970er Jahren auslösen, so Kommentatoren. Neben der Gefahr der innenpolitischen Stabilität gibt es auch Stimmen, die Saudi-Arabien Manipulationen bezüglich ihrer Ölreserven unterstellen.

Tatsächlich variieren die „nachgewiesenen“ Ölvorkommen seit den 1970er Jahren teilweise sehr stark. Innerhalb der Opec sind die Fördermengen an die vorhandenen Reserven gekoppelt. Muss ein Land aufgrund innenpolitischer Instabilität seine Bürger durch Steuergeschenke und wohlfahrtsstaatliche Interventionen bei Laune halten, liegt es Nahe, eine höhere Fördermenge anzustreben – notfalls auch unter Angabe falscher Ölreserven. Gerade in Saudi-Arabien, wo die Königsfamilie ihre Macht in erster Linie durch Exporte von Erdöl in die USA und dem daraus resultierenden Reichtum erhalten kann, wäre eine solche Praxis nicht abwegig. Neben den politischen und sozialen Problemen innerhalb Saudi-Arabiens gibt es also auch begründete Zweifel an den tatsächlich vorhandenen Ölreserven. Somit kann der größte Erdölproduzent der Erde keineswegs als ausnahmslos zuverlässig bezeichnet werden – ein Umstand, der zu denken gibt.

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