Gerüstet für die Zukunft? Abverkäufe in der Solar-Branche bieten Einstiegschancen

Strahlende Zukunft trotz Krise? Solarhersteller werden in diesen Tagen von der Börse abgestraftVor etwas mehr als einem Jahr kletterten die Solaraktien noch in kaum vorstellbare Höhen, jetzt finden Sie keinen Boden mehr. So schnell kann die Stimmung an der Börse drehen! Einstige Highflyer wie Q-Cells oder Solon haben 90 Prozent an Wert eingebüßt – und rutschen fast täglich tiefer. Dabei waren die am Dienstag von dem Duo vorgelegten Zahlen ordentlich, beide haben Rekordwerte erreicht. Der Solarzellenhersteller Q-Cells steigerte seinen Umsatz im Jahresvergleich um 46 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro. Der operative Gewinn liegt nach vorläufigen Berechnungen bei 205 (Vorjahr: 197) Millionen Euro, der Nettogewinn bei 190,5 (148,4) Millionen Euro. Damit hat der Konzern die Analystenerwartungen erfüllt. Wie groß die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung sind, zeigte aber die Berg- und Talfahrt der Aktie. Der letztlich kräftige Anstieg, der nach Fusionsgerüchten mit der Beteiligung REC zustande kam, wurde am Mittwoch schon wieder aufgezehrt.

Die Solar-Branche leidet unter mehreren Problemen: Zum einen wurden in den letzten Jahren hohe Produktionskapazitäten aufgebaut. Diese können jetzt nicht ausgelastet werden, weil die Nachfrage unter den erschwerten Finanzierungsbedingungen für große Photovoltaik-Projekte leidet. Zudem wird die Nachfrage von einer geringeren Einspeisevergütung in Spanien (bisher das Boom-Land der Branche) gebremst. Insgesamt führt das zu einem erheblichen Preisdruck entlang der Wertschöpfungskette. Dass die hohen Margen der letzten Jahre wohl der Vergangenheit angehören, zeigt sich am vierten Quartal von Q-Cells, wo die operative Rendite auf zehn Prozent eingebrochen ist. In den ersten neun Monaten lag der Wert noch über 20 Prozent.

Die fallenden Absatzpreise belasten auch die Umsätze. Der Vorstand des TecDAX-Konzerns geht jetzt für 2009 noch von Erlösen zwischen 1,7 und 2,1 Milliarden Euro aus. Bislang lag die Messlatte bei 1,75 bis 2,25 Milliarden Euro. Zum Ergebnis wurden keine Aussagen getroffen. Wir rechnen mit rückläufigen Gewinnen. Problem bei QCells ist zusätzlich die Beteiligung an REC, die kräftig an Wert verloren hat und auf die bei anhaltend schwieriger Branchenentwicklung eine Abschreibung droht (im November 2008 lag das Risiko bereits bei 500 Millionen Euro). Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Aktie aus bewertungstechnischer Sicht inzwischen günstig erscheint. So deckt der Börsenwert nur noch rund 0,75 des Eigenkapitals ab. Anleger preisen derzeit also einen Rutsch in die roten Zahlen ein. Davon ist Q-Cells aber wie erwähnt selbst im schwachen vierten Quartal weit entfernt gewesen.

Nimmt die Solar-Branche eine ähnliche Entwicklung wie die Internetfirmen?

Noch drastischer ist die Bewertung bei Solon, wo das Kurs-Buchwert-Verhältnis gerade einmal 0,25 erreicht. Hier sehen wir zwar ebenfalls ein paar Abschreibungsrisiken auf Beteiligungen, die Summe dürfte sich aber in Grenzen halten. Und auch Solon hat in 2008 noch gut abgeschnitten: Der Umsatz schnellte auf 815 (2007: 503) Millionen Euro in die Höhe. Der operative Gewinn erreichte 60 (35,2) Millionen Euro, der Nettogewinn 32 (21,3) Millionen Euro. Negativ kam am Markt wohl an, dass der Vorstand die Prognose für 2009 wegen der fehlenden Visibilität gestrichen und ein Sparprogramm angekündigt hat. Optimismus sieht anders aus. Wir befürchten, dass sowohl Umsatz als auch Ergebnis im laufenden Jahr kräftig sinken werden. Stellt sich die Frage, wie weit das im aktuellen
Kurs schon eingepreist ist.

Einige Experten fürchten, dass die Solarbranche eine ähnliche Entwicklung nehmen wird wie die Internetfirmen nach der Jahrtausendwende. Damit wäre eine massive Pleitewelle vorgezeichnet. Ganz so skeptisch sind wir nicht. Wesentlicher Unterschied ist unserer Ansicht, dass das Internet an sich kostenlos ist, viele Geschäftsmodelle darauf aufgesetzt und damit sehr einfach nachahmbar waren. In der Solarindustrie sind (zumindest in den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen) aber erhebliche Investitionen und Forschungstätigkeiten nötig, um im Markt bestehen zu können. Es ist daher für potenzielle Neueinsteiger weit schwieriger, den Platzhirschen (etwa Q-Cells oder Solarworld) das Wasser abzugraben.

Ein neuerlicher Abverkauf könnte Einstiegschancen bieten

Alternativen für einen Einstieg wären Übernahmen: Versorger wie RWE oder E.On suchen ständig nach Expansionsmöglichkeiten und könnten jetzt den Einstieg in eine langfristig interessante Branche zu einem günstigen Preis schaffen. Mittel- und langfristig bleibt es dabei: Nur die Solarenergie hat das Potenzial die Energieprobleme der Menschheit zu lösen.

Es gibt also durchaus Chancen bei den Solar-Aktien, die über eine technische Erholung hinaus gehen könnten. Trotz der günstigen Bewertungen und der (langfristig) guten Perspektiven für den Sektor ist ein Investment in die Photovoltaik-Industrie aber erst einmal riskant. Welche Probleme die Finanzkrise dem Sektor noch beschert, ist kaum abzusehen. Neben dem desolaten Börsenumfeld kommt die schwierige charttechnische Verfassung vieler Einzeltitel dazu. Q-Cells und Solon haben jüngst neue Tiefs markiert und sind im freien Fall. Etwas besser sieht die Charttechnik bei Solarworld aus. Allerdings ist die Aktie aus fundamentaler Sicht deutlich teurer als die anderen Photovoltaik-Aktien. Vorerst ist es wohl ratsam, die weitere Entwicklung abzuwarten. Sollte es noch einmal zu einem Ausverkauf an den Börsen (und dann wohl auch bei den Solar-Aktien) kommen, könnte es für langfristig orientierte Anleger hervorragende Einstiegschancen geben.

Kennzahlen der Unternehmen:

Kennzahlen der Solarunternehmen


Wolfgang Braun ist Chefredakteur des „Global Performance“. Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Wachstumswerte-Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von mehr als 24 Prozent – obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes fällt.

8 Gedanken zu „Gerüstet für die Zukunft? Abverkäufe in der Solar-Branche bieten Einstiegschancen

  1. RK

    Ein sehr guter Beitrag. Langfristig hat die Photovoltaikbranche eine bessere Chance, wenn die Unternehmen Teil der Energieversorgung werden. Die Photovoltaik ist eine Nischentechnologie für besonders geeignete Standorte. Der Vorteil ist vollständig, wenn die erzeugte Energie an dem Ort der Erzeugung verbraucht wird.

    Kurzfristig sind Solaraktien Spekulationspapiere.

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  2. GA

    Denke auch das sich hier neue Einstiegschancen bieten. Die Photovoltaikbranche ist ja aus der Energieversorgung nicht mehr weg zu denken, wie sich aber der Weg für Anleger entwickelt wird sich zeigen.

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  3. Pingback: Aktien-Blog » Verhandlungen mit Silizium-Lieferant dauern an: Conergy zwischen Hoffen und Bangen

  4. Nagelstudio Hamburg

    Wir haben bereits vor 5 Jahren in Solar investiert und es immernoch nicht bereut – es war die richtige Entscheidung! Die, die jetzt gezweifelt haben, spielen mittlerweile selbst mit der Entscheidung dafür.

    Gruß

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