Heibel-Ticker: US-Finanzkrise schreitet fort, Bernanke schaut zu

Da dachte der ein oder andere doch zum Wochenbeginn, dass die Finanzkrise durch ein wenig Bargeld behoben werden könnte. Doch weit gefehlt: Die US-Börsen gingen gestern Nachmittag wieder auf Tauchstation. Den Grund dafür sehe ich in der harten Haltung von US-Notenbankchef Ben Bernanke.

2005 und 2006 haben rund 14 Millionen Amerikaner einen Hypothekenkredit aufgenommen oder refinanziert. Stand der langfristige Kreditzins damals noch unter 4 Prozent, so muss der Häuslebauer heute aufgrund der in den USA üblichen variablen, also marktabhängigen, Zinsvereinbarung meist über 5 Prozent berappen. Wenn Sie sich nun vor Augen halten, dass so ziemlich jeder, auch ohne Anzahlung und Gehaltsnachweis, vor zwei Jahren in den USA ein Haus kaufen konnte, dann fällt die Vorstellung nicht schwer, dass in den nächsten sechs Monaten rund die Hälfte dieser Kreditnehmer insolvent werden.

Hier liegt die Wurzel allen Übels. Die Situation kann nur verbessert werden, indem diesen Kreditnehmern ein besserer Job angeboten wird (brummende Konjunktur), oder indem die monatliche Belastung durch niedrigere Zinsen verkleinert wird. Für beides sind sinkende Leitzinsen erforderlich, doch die gibt Ben Bernanke nicht.

Bernanke glaubt an die heilende Kraft der Marktbereinigung. Er pumpt Liquidität in den Markt, indem er wertlose Papiere (CDOs) von Banken und Brokern zurückkauft. Aber damit wird die Finanznot der Häuslebauer nicht gemildert, es wird nur ein Aktiencrash vermieden. Hypothekenbanken, Immobilienunternehmen bis hin zu Hedgefonds, die am Immobilienmarkt engagiert waren oder sind, werden von den Liquiditätsspritzen nicht profitieren. Dort wird eine Reihe von Insolvenzen erfolgen.

Aber immerhin verhindert Bernanke durch die Liquiditätsspritzen ein Überschwappen der Krise auf die anderen Märkte und schließlich auf die Konjunktur. Diese wird sich von den Vorgängen um die Immobilienkrise weitgehend unbeeindruckt zeigen, da ohnehin in den vergangenen Quartalen das Wachstum von Unternehmen kam, die international orientiert sind und über große Barreserven verfügen.

eBay, Cisco, Nokia und Garmin haben in den vergangenen Tagen allesamt beste Quartalsgewinne ausgewiesen und ihre Prognosen nach oben revidiert. Das tut man nicht in einem labilen Umfeld, offensichtlich ist also deren Geschäft stabil.

Fazit: Eine Baisse wie 2000 bis 2003 ist nicht zu befürchten, denn dazu ist die Konjunktur zu gesund und das Bewertungsniveau zu niedrig. Allerdings sollten Sie alles, was mit dem Immobilien- und Finanzsektor zusammen hängt, in den nächsten Monaten meiden.

Über den Autor:

Stephan Heibel ist Herausgeber des Heibel-Ticker Börsenbriefes

2 Gedanken zu „Heibel-Ticker: US-Finanzkrise schreitet fort, Bernanke schaut zu

  1. M.Bittrich

    Richtig. Für eine erneute Rezession ist es zu früh, der Zyklus beträgt 10-12 Jahre. Ich sehe den DAX im Herbst/Winter deutlich über 8000, wir haben momentan nur eine leicht verspätete Sommerflaute, nichts besonderes. Hat der Jahre andauernde Milliardenschaden in New Orleans die Weltwirtschaft/Börse interessiert? Kein bisschen. Alles Kritische von Öko bis Hedge ist in der Presse schon längst breitgetreten – und interessiert den Börsianer daher (aktuell) überhaupt nicht!

    Darüber hinaus wird der Geldmarkt über EU-Maßnahmen wie MiFID oder EHUG/TUG bereinigt.

    Lediglich Institutionelle wie Lebensversicherer oder Equity sowie Hedges könnten noch durch zweifelhafte Verschiebungen von Pleiten für Ärger sorgen.
    Die „Falschgelddruckerei“ der USA sehe ich ebenfalls weniger kritisch, denken wir an den Nachbarn Kanada: Vor 10 Jahren am Boden, dann die Währung stark abgeschwächt, heute florierend.

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  2. Pingback: Aktien-Blog: Die Krise wird weitestgehend auf den Hypothekenmarkt beschränkt bleiben • Börsennotizbuch

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