Verbot für Leerverkäufe: Short-Selling mit CFDs trotz neuer EU-Regelung

Neues Verbot für Leerverkäufe - so reagieren AnlegerDer klassische Aktienhandel lässt sich grob in zwei Kategorien einteilen: „Buy and Hold“ und „Trading“. Ersteres bedeutet, dass der Anleger Wertpapiere erwirbt, von denen er sich eine langfristige Wertsteigerung erhofft, um großzügige Renditen einzustreichen. Anhänger der letzteren Strategie zeichnen sich dadurch aus, dass sie vielversprechende Aktien kaufen, um diese dann mit Gewinn weiterzuverkaufen – mitunter schon nach wenigen Stunden, Minuten oder gar Sekunden. So weit, so banal.

Short Seller tun das genaue Gegenteil – sie spekulieren auf fallende Kurse, indem sie Anteile oder auch Rohstoffe verkaufen, die sie gar nicht besitzen, um sie dann später zu einem hoffentlich günstigeren Kurs wieder einzukaufen. Hat der Trader die Anteile von einem Kreditgeber geliehen, kann er den Handel damit abdecken und zahlt lediglich eine Leihgebühr. Auch einklagbare Verpflichtungen gelten als ausreichende Sicherheit, sodass auch sie als sogenannte „gedeckte Leerverkäufe“ gelten. In der Kritik stehen vor allem die sogenannten ungedeckten Leerverkäufe, bei denen der Händler die Papiere noch nicht einmal geliehen hat. Möglich gemacht wird das dadurch, dass in den meisten Fällen eine Lieferpflicht für Aktien erst nach Tagen besteht.

Forcierter Schnellschuss

Seit dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 und der seither schwelenden Finanzkrise, die bereits ganze Staaten an den Rand des Ruins getrieben hat, erhitzt die Diskussion um derartige Geschäfte die Gemüter von Bankern, Politikern und der breiten Öffentlichkeit. Von „Börsencasinos“ war die Rede und von „Zockern“, die um des schnellen Profits willen die Sparstrümpfe und Rentenversicherungen der Normalsterblichen verwetten. Das öffentliche Image des Finanzsektors war zeitweise dem der Tabaklobby nicht unähnlich, und 2010 preschte die deutsche Finanzaufsichtsbehörde BaFin vor und verbot ohne Absprache mit ihren europäischen Partnern ungedeckte Leerverkäufe auf Finanzwerte, EU-Staatsanleihen und Kreditausfallversicherungen (CDS). Frankreich, Belgien, Italien und Spanien zogen im Schnellschussverfahren nach. Um die unterschiedlichen Regelungen der Staaten zu harmonisieren, schritt die EU ein: Die neue, einheitliche „Verordnung (EU) Nr. 236/2012“ tritt am Donnerstag für alle 27 Mitgliedsstaaten in Kraft.

Umstrittene Wirksamkeit

Inzwischen hat sich hinreichend gezeigt, dass die Schuld für die andauernde Misere nicht bei einer einzigen Berufsgruppe liegt. Ein Staat, der die Hälfte seiner Bevölkerung zum Selbstzweck beschäftigt, ist wirtschaftlich ebensowenig lebensfähig wie eine Sparkasse, die ihrer zu neunzig Prozent aus Angestellten und Kleinstunternehmern bestehenden Kundschaft Finanzinstrumente verkauft, die noch nicht einmal ihre eigenen Berater verstehen. Geht man davon aus, dass die meisten Kursbewegungen erwartet und somit eingepreist werden, kann ein Einstieg in einen Abwärtstrend einen Absturz zwar beschleunigen, aber nicht im Alleingang heraufbeschwören. Fest steht, dass ungedeckte Leerverkäufe auch an Börsenplätzen, an denen sie nicht ohnehin schon verboten waren, seit einigen Jahren kaum mehr getätigt werden. Auch gebrannte Investmentbanker scheuen das Feuer. An der Notwendigkeit wiederholter Milliardenzahlungen an Griechenland und Co hat das trotzdem nichts geändert.

Ob die neue Regulierung, nach außerdem große Short-Positionen auch öffentlich überprüfbar gemacht werden müssen, überhaupt nennenswerte Auswirkungen haben wird, ist umstritten. Ohnehin ist unklar, ob die derzeitige vergleichsweise geringe Liquidität und breite Spreads der Aktienmärkte als direkte Konsequenz der bisherigen Leerverkaufsverbote zu werten sind, oder ob die lediglich die Reserviertheit der Akteure in einem immer noch sehr unsicheren Marktumfeld ausdrücken. Wohlwollend lässt sich vermuten, dass die neue Regelung vielleicht manche Marktteilnehmer gegen ihre persönlichen Dämonen versichert, indem sie das Anschwellen einer neuen Blase verhindert.

Transparenzpflicht für CFD-Positionen

Während sich über Sinn und Unsinn noch trefflich streiten lässt, wird die Regel, deren finale Version seit März einsehbar ist, ab November in Kraft treten. Neben dem Verbot für ungedeckte Leerverkäufe, von der private CFD Händler nur indirekt betroffen sind, enthält die Regelung auch neue Vorschriften zur Transparenz von Transaktionen, die ab einer bestimmten Größenordnung auch für diverse Arten von CFDs gelten. Für Aktien-CFD beispielsweise ein „zweistufiges Transparenzsystem“. Auf der Internetseite der BaFin heißt es dazu: „Sind die maßgeblichen Schwellenwerte erreicht oder unterschritten, muss die Netto-Leerverkaufsposition der zuständigen nationalen Behörde mitgeteilt werden (…). In Deutschland müssen Mitteilungspflichtige eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger vornehmen.“ Für öffentliche Schuldtitel und CDS gelten leicht abweichende Regelungen.

Da die Mehrheit der CFD Trades von Privatanlegern ausgeführt wird, ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die bewegten Positionen die „maßgeblichen Schwellenwerte“ erreichen, um unter die neue Vorschrift zu fallen. Für aktive CFD Trader ist es dennoch ratsam, sich genauer mit der neuen Regelung zu befassen, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

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